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Ulis Buchseite

Der Buchbewahrer


Von Geheimnissen, einem Buch und dem Buchbewahrer



Das Geheimnis

Kannst Du ein Geheimnis für Dich behalten?
Ich meine damit, dass Du niemandem davon erzählen darfst!
Du darfst noch nicht einmal sagen, dass Du ein Geheimnis hast!
Nur im Notfall darfst Du eine Ausnahme machen. In so einem Notfall kannst Du einen Freund oder eine Freundin in das Geheimnis einweihen. Das dürfen dann auch Mama oder Papa sein.
Versprichst Du mir, das Geheimnis für Dich zu behalten und es zu beschützen, wenn ich es an Dich weitergebe?
Jetzt bist Du der Geheimnishüter!


Das Buch

Dieses Buch ist das erste Geheimnis. Es ist geheimnisvoll und voller Aufgaben und Rätsel.
Es ist eine Anleitung und ein Wegweiser. Wenn Du die Aufgaben und Rätsel löst, wirst Du etwas finden. Wer dem Buch folgt, findet einen Schatz. Es zeigt Dir den Weg zum Schatz.


Der Buchbewahrer

Ich habe Dich ausgewählt. Du musst das Buch gut aufbewahren. Du musst aufpassen, damit es nicht verloren geht. Du musst vorsichtig sein, damit es heile und alles zusammen bleibt.
Bis heute war ich der Buchbewahrer. Jetzt habe ich das Buch an Dich weitergegeben. Ich kenne das Geheimnis und wenn Du mal einen Rat brauchst, dann kannst Du mit mir sprechen.
Eines Tages, wenn Du selbst schon groß bist, dann kannst Du das Buch weitergeben.
Dann suchst Du Dir jemanden aus, der ein Geheimnis für sich behalten kann! So wie ich Dich ausgewählt habe.
Jetzt gehört Dir das Buch!
Du bist der Buchbewahrer!


Der Vertrag



Mein Name ist

Trage hier Deinen Namen ein!

        

Von heute an bin ich der Hüter des Geheimnisses und bewahre das Buch auf.
Ich bin der Geheimnishüter und der Buchbewahrer.

Den Schatz werde ich suchen, finden und beschützen.



Unterschreibe hier mit Deinem Namen! Stemple mit Deinem Fingerabdruck!


Das Abenteuer kann beginnen



Wie Du das Buch lesen solltest
Du musst alle Rätsel und Aufgaben lösen. Schreibe die Lösungen der Rätsel auf und merke Dir, was Du bei der Erledigung der Aufgaben gesehen hast. Manchmal musst Du Sachen finden und mit dem Buch benutzen. Dann kommst Du mit Deiner Suche weiter. Wenn Du ein Rätsel oder eine Aufgabe nicht gleich lösen kannst, lass sie liegen und mach mit dem nächsten weiter. Später kommst Du einfach zurück und versuchst es noch einmal.

Probleme mit Mugglern

Lass Dir Zeit, aber wenn Du draußen bist musst Du aufpassen! Es darf Dich niemand beobachten, wenn Du auf der Suche bist! Viele wollen den Schatz finden. Wenn sie wissen, dass Du der Buchbewahrer bist, sind sie hinter Dir her. Achte besonders auf Muggler. Sie sind total neugierig und wollen ständig wissen was Du machst. Wenn Du Pech hast, zerstören sie Rätsel, nehmen Dir Sachen weg oder sie versuchen das Buch zu rauben.

Aber sonst sind Muggler völlig ungefährlich. Sie lassen sich auch leicht überlisten und ablenken. Wenn Du an einem Rätselplatz von einem Muggler überrascht wirst, tust Du einfach so, als wäre nichts passiert, gehst langsam weiter oder machst irgendetwas anderes. Dann interessieren sie sich schon nicht mehr für Dich und was Du da machst. Wenn die Luft rein ist, versuchst Du es einfach noch einmal.


Onno und Juli


Spuren im Staub

Der Hof war furchtbar heruntergekommen. Jeder konnte sehen, dass hier schon seit vielen Jahren niemand mehr lebte. In dem wackeligen Zaun befand sich eine Pforte. Es führte aber kein Weg über das verwilderte Grundstück. Das Wohnhaus war ein Fachwerkhaus, wie es auf vielen Bauernhöfen zu finden ist. In den Spruchbalken hatten die Zimmerleute das Jahr 1814 eingeschnitzt. Heute, an diesem Wintertag im Februar 2016, hatte das Haus also schon 202 Jahre hier gestanden. Hinter den staubigen Fensterscheiben erkannte Onno schmutzige, graue Spinnenweben. Er fragte sich, wann die Spinne damit ihre letzte Fliege gefangen haben soll.

Onno Spiegel war 8 Jahre alt, als er mit seiner Mutter, seiner Oma, seinem Opa und seiner Tante dieses Haus betrat. Die Tür quietschte laut, als sie geöffnet wurde. Gleichzeitig quoll ihm ein muffiger Gestank durch die Tür entgegen. Er mochte kaum atmen.
Viele Wände waren schief und krumm und aus tiefen Rissen bröselte Mörtel. Wer will in einem solchen Haus wohnen? Wer will hier schlafen? Wo soll man sich waschen?
Nein, dachte Onno, hier kann niemand wohnen.
Die schlechte Luft hatte ihren Weg nach draußen gefunden, als hätte sie 100 Jahre auf eine Befreiung gewartet.
Neugierig schaute sich Onno jeden Raum und jeden Winkel an. In vielen Zimmern standen noch die Möbel der letzten Bewohner. Es sah so aus, als wären die Leute zur Arbeit oder zum Einkaufen gegangen und nicht wieder nach Hause zurückgekommen. Wenn nicht alles voll Staub gewesen wäre, hätte Onno geglaubt, dass gerade noch jemand hier gewesen wäre.

Als die anderen in die Diele gingen, bemerkte er im Augenwinkel eine Bewegung im Flur. Er schaute hin und sah einen Schatten, etwa so groß wie eine Katze, der im hinteren Flur verschwand. Dabei bewegte sich der Schatten nicht wie eine Katze. Das Wesen bewegte sich wie ein Mensch, auf zwei Beinen. Schnell lief er hinterher, kam durch die Tür und schaute den Flur entlang. Da war nichts zu sehen. Er wollte schon zurück gehen, als er ein Poltern im Zimmer am Ende des Flurs hörte. Dann war es im Zimmer still. "Also doch! Ich habe mich nicht geirrt!", dachte Onno. Langsam und vorsichtig schlich er voran. Sein Körper spannte sich an. Er war bereit, bei einem Angriff zurück zu springen. Die Hände hielt er hoch, um sein Gesicht zu schützen. Seinen Puls spürte er im Hals schlagen. Plötzlich wurde die Tür vor ihm geschlossen. "Hat das Wesen das getan?", überlegte er. Dann spürte Onno eine Kälte aufkommen und ein Windstoß klappte auch die Küchentür zu. Es war auf einmal dunkel. Es war so finster, dass er seine eigenen Hände nicht sehen konnte. Vor Schreck sprang er vor, wich zur Seite aus und drehte sich. "Wo ist jetzt die Wand? Wo ist die Tür?" Er hatte die Orientierung verloren! Im Flur war es völlig still. Kein Geräusch drang von draußen zu ihm. Auch die Stimmen der anderen waren nicht mehr zu hören. "Ist die Besichtigung zu Ende? Haben sie mich hier vergessen?" Am liebsten hätte er seine Mama gerufen, aber er wagte es nicht, zu schreien. "Hallo?" Vorsichtig flüsterte er in die Dunkelheit: "Hallo, ist da jemand?" Keine Antwort. Er überlegte: "Bin ich allein im Flur? Oder ist das Schattenwesen auch hier? Wird es mich angreifen, mich kratzen oder beißen?" Mit ausgestreckten Armen stolperte Onno geradeaus. Beinahe wäre er gestürzt. Er kniete sich hin und tastete sich mit den Händen auf dem staubigen Fußboden voran. Endlich erreichte er eine Tür, reckte sich nach oben, fühlte einen Türgriff und öffnete sie. Warmes Sonnenlicht erhellte den Flur. Als er zu seinen Knien blickte, sah er im Staub des Fußbodens frische Spuren. Es waren kleine Fußabdrücke, so klein, wie sein Zeigefinger lang war. "Was für ein Wesen ist das?" Plötzlich ging ein Windstoß durch den Flur und hinter ihm sprang die Tür zur Küche auf. In der Öffnung erkannte er seine Mutter: "Was machst Du denn hier? Wir haben Dich schon gesucht!" Onno wollte seine Entdeckung zeigen: "Mama, schau Dir an, was ich gefunden habe!" Doch als er wieder auf den Boden blickte merkte er, dass der Wind die Spuren verweht hatte. Wie sollte er nun seiner Mutter erklären, was ihm passiert war? "Das glaubt Mama mir nie!", dachte er. Seine Mutter beugte sich über ihn und blickte kurz in das Zimmer: "Ja Schatz, ein schönen Zimmer. Wir schauen es uns später an! Jetzt gehen wir zu den anderen." Sanft drückte sie ihre Hand gegen seine Schulter und schob ihn zur Küche. An der Küchentür schaute er zurück. Was Onno nun sah, war unglaublich. Am anderen Ende des Flures stand das Schattenwesen, es lächelte freundlich und winkte ihm zu. Onno winkte zurück, bevor er den Flur verließ.

Onno war ein sportlicher Junge. Er konnte Skateboard fahren und mit dem Fahrrad bekam er auch einen "Wheely" gut hin. Er hatte viele Freunde. Sie spielten gern zusammen, verkleideten sich, dachten sich Geschichten aus und erlebten gemeinsam Abenteuer. Aber was er eben erlebt hatte, konnte er nicht einmal seinen Freunden erzählen. "Das kann ich kaum selber glauben! Die Geschichte behalte ich lieber für mich!", dachte Onno.


Freunde



Am Abgrund

Onno schob den Türriegel auf. Das verrostete Eisenstück bewegte sich nur schwer und ein schrammendes Geräusch ließ ihn erschrecken. Hoffentlich hat das keiner gehört. Er sah sich zu allen Seiten um, öffnete die Tür nur ein kleines Stück und schlüpfte durch den Spalt hinein.

Seit der Hausbesichtigung hatte Onno noch keine Zeit gehabt, nach dem Schattenwesen zu suchen. Immer waren die Großen in der Nähe, oder er hatte Arbeiten aufgetragen bekommen.
Die ganze Familie verbrachte viel Zeit auf dem Hof. Seine Eltern und Großeltern arbeiteten hier jeden Tag viele Stunden. Onno fuhr immer gern mit. Zu Hause war er allein. Auf dem Hof war immer etwas los. Beim Ausräumen des Hauses fanden sie viele interessante Sachen, die manchmal schon sehr alt waren. Onno stelle sich dann vor, wie die Leute hier damals gelebt haben. Wenn er nicht mitarbeiten konnte, ging er auf Entdeckungstour. Und er wollte unbedingt das Schattenwesen wiedersehen.
Im Schweinestall lag noch alles umher, wie es von dem Landwirt zurückgelassen worden war. Eigentlich sollte Onno nicht in diesen Stall gehen. "Dort ist es nicht sicher!", hatte Opa gesagt. "Dort können Bretter mit Nägeln umherliegen, Steine können von den Wänden herabfallen und im Fußboden sind Löcher. Durch ein solches Loch kannst Du abstürzen und in die Jauchekuhle fallen!" Onno beschloss, besonders gut auf sich aufzupassen.
Langsam ging er den langen Futtergang entlang. Links waren hinter Gittern die einzelnen Boxen eingebaut, in denen früher die Schweine untergebracht waren. Jetzt lagen alte Arbeitsgeräte, Heugabeln, Mistforken, Kartoffelkörbe, rostige Ketten und andere Sachen in den Buchten. Stroh und Schmutz lag auf dem Fußboden. Plötzlich knarzte es laut unter Onnos Schuh. Auf was war er da getreten! Es fühlte sich nass und glitschig an. Ein moderiger Geruch stieg ihm von unten in die Nase. "Jetzt darf ich keinen Fehler machen!", dachte Onno und sprang vorsichtig auf eine Steinreihe rechts neben ihm. In diesem Moment zerbrach die Holzabdeckung, auf der er gerade noch gestanden hatte. Zuerst hörte er ein Knacken und dann schlug die Abdeckung mit einem lauten Knall in der Tiefe auf. Onno stand mit den Zehenspitzen auf der Steinreihe. Den Bauch presste er gegen die Wand und mit den Fingern krallte er sich in den Steinfugen fest. Sein Po ragte über die Öffnung im Fußboden. Er drehte den Kopf und über seine linke Schulter blickte er in das Loch. So sehr er sich bemühte, er sah dort unten nichts. Dort unten war es absolut dunkel.
Auf der schmalen Steinreihe balancierte Onno mit zitternden Knien weiter voran, vorbei an dem schwarzen Abgrund. Mit den Fingern krallte er sich bei jedem Schritt in den Fugen des Mauerwerks fest. Und schließlich erreichte er die andere Seite. Er besah sich seine Fingernägel. Einige waren bei der Kletterpartie abgebrochen. Er klopfte sich den Staub aus seiner Kleidung. "Das war knapp. Opa hatte Recht. Fast wäre ich abgestürzt!"


Gefangen

Sein Weg führte durch eine Tür in die alte Futterküche. Hier hat früher die Bäuerin das Futter für die Schweine vorbereitet. An einem Haken neben der Tür hingen noch zwei große Rührlöffel aus Holz, eine riesige Suppenkelle und eine Gummischürze.
Auf einem Regal standen viele Dosen und Schachteln. Er kletterte auf das Waschbecken aus Sandstein, um besser an die Schachteln zu gelangen. Seine Gedanken waren ganz bei seiner neusten Entdeckung, als es plötzlich im Schweinestall polterte. Er sprang von dem Spülstein ab und lief dem Geräusch entgegen. An der Tür zum Futtergang musste er anhalten. Am Ende des Gangs konnte er sehen, wie die Tür geschlossen wurde. Durch die Tür war er in den Stall gekommen. Onno konnte nicht weiterlaufen. Zwischen ihm und der Tür war das Loch im Fußboden, in das er fast gefallen wäre. "Halt! Ich bin hier drin! Nicht die Tür verriegeln!", rief er noch und versuchte auf sich aufmerksam zu machen. Doch der Riegel wurde zugschoben. Die Person hörte ihn nicht, sperrte ihn ein und ging fort. Er überlegte: "Alle Türen des Schweinstalls haben Schieberiegel. Alle Türen sind jetzt von außen verschlossen. Ich komme hier nicht mehr raus!"
Onno rannte zurück in die Futterküche. Am Fenster rief er verzweifelt. Schnell drehte er den Fenstergriff, doch es ging nicht auf. Der Fensterflügel war zugeschraubt. In der Mitte der Scheibe wischte er die dicke Staubschicht weg. Durch die freie Fläche sah er seinen Vater am Fenster vorbeigehen. Onno trommelte gegen das Fensterglas rief und winkte: "Papa! Ich bin hier!". Aber Papa hörte ihn nicht. "Wenn er sich doch nur einmal umdrehen würde!", wünschte sich Onno. Auch das geschah nicht. Er hörte die gedämpften Stimmen seiner Eltern: "Onno habe ich nicht gefunden!" "Ach, er ist bestimmt bei Oma mitgefahren." "Komm, wir machen Feierabend!" Und dann setzten sich seine Eltern in ihr Auto und fuhren davon.
Entsetzt sah Onno ihnen nach! Was sollte nun aus ihm werden. Er war im Schweinestall eingesperrt. Bei dem Gedanken, dass er ganz allein auf dem Hof war, fing er an zu frieren. Hier, wo alles so dreckig war musste er bis morgen warten. "Nachts wird es kalt und ich habe nichts zu essen und nichts zu trinken." Seine Hände tasteten an seinem Gürtel entlang. "So ein Mist! Ich habe die Taschenlampe und das Messer nicht dabei."


Monster

Plötzlich beendeten Geräusche die Stille im Stall. Es hörte sich, wie stöhnen, schlurfen und kratzen an. "Was ist das? Wo kommt das her?" Onno ging zum Futtergang. "Was ist hier los? Irgendetwas ist hier anders!" Das Geräusch schallte aus dem Loch nach oben. Als Onno nach unten sah, merkte er, was sich verändert hatte. In dem Loch war das Licht einer Kerze zu sehen. Es flackerte warm und lebendig. Onno wunderte sich, woher das Licht kam. Da wurde vor seinen Füßen von unten eine Leiter aus dem Loch hochgeschoben und am Rand angelehnt. "Wer ist da?", rief Onno unsicher. Als er sich über den Rand beugte, um zu sehen, wer die Leiter aufgestellt hat, wurde es unten etwas dunkler. Jemand hatte sich vor das Licht gestellt und Onno konnte einen riesigen Schatten erkennen. "Um Himmels willen!", erschrak er. Der Schatten bewegte sich hin und her. Er war so mächtig, dass Onnos Papa dagegen ein Zwerg war. Langsam schlich er rückwärts. "Vielleicht hat mich das Monster noch nicht bemerkt.", hoffte er und suchte schon nach einem Versteck.
Er duckte sich hinter einem Stapel alter Kartoffelsäcke. Dann nahm er seinen ganzen Mut zusammen, steckte Kopf hervor und schaute zum Loch. Er konnte die Leiter sehen. Das gelb-rote Licht schien von unten hervor und spiegelte sich an der Decke des Stalls. Dann hörte er ein Schnauben und Stöhnen. Die Leiter wackelte leicht. Nun war ein Schatten an der Stalldecke zu sehen. "Es kommt! Das Monster klettert die Leiter hoch!" Starr vor Angst schaute Onno zur Leiter. Die obersten drei Stufen ragten aus dem Loch hervor. Und dann konnte er das Monster sehen. Zuerst kam eine Hand aus dem Loch hervor, dann eine zweite Hand und schließlich sah Onno den Kopf. Das Monster war gar nicht so groß. Es hatte blonde, lange Haare, die zu einem Zopf gebunden waren und einen rosafarbenen Kapuzenpulli an. "Hast Du es Dir auf den Säcken gemütlich gemacht?" Das Mädchen, das aus der Tiefe hervorgeklettert kam, sprach ihn mit einer fröhlichen Stimme an. Onno war verblüfft: "Eigentlich hattest Du mich erschreckt. Ich wusste nicht, was dort aus dem Loch nach oben kroch!" "Oh, das tut mir leid. Ich dachte, Du könntest Hilfe gebrauchen und war deswegen mit der Leiter beschäftigt. Dabei habe ich ganz vergessen, Dir ein Zeichen zu geben."
Onno erzählte ihr, was ihm passiert war und dass er sie für ein Monster gehalten hatte. Das Mädchen lächelte, verzog sein Gesicht zu einer Grimasse, hielt seine verdrehten Finger neben das Gesicht und gab ein Brüllen von sich. Dann lachten beide und nahmen sich in den Arm. "Ich heiße übrigens Onno." "Und ich bin Juliane."


Freiheit

"Komm mit, ich zeige Dir einen Weg nach draußen!", forderte Juli ihn auf, so nannte Onno Juliane. Juli führte Onno zum Loch im Fußboden. Juliane ging vor, kletterte geschickt auf die Leiter und stieg nach unten. Bei dem Gedanken, in das schwarze Loch zu steigen, bekam Onno ein beklemmendes Gefühl in der Brust. Er wusste nicht, was ihn dort erwartete. Zum Glück leuchtete in der Tiefe noch die Kerze. Und dann war ja auch Juli bei ihm. Sie kannte sich hier aus. Onno freute sich, dass er Juli kennen gelernt hatte. Sie war sehr nett, mutig und freundlich. Vielleicht konnten Sie Freunde werden? "Wir sind hier im Rübenkeller.", erklärte Juli. Sie zeigte nach links in die Dunkelheit: "Da drüben ist ein Schacht mit einer Treppe zum Hof. Die Tür ist nicht verschlossen!" Sie nahm den Kerzenhalter, hielt eine Hand schützend vor die Flamme und ging voran. Im Licht konnte Onno die Kellerwände sehen. Früher hatte der Landwirt hier Rüben als Futter für das Vieh gelagert. Davon war nichts mehr zu sehen. Onno hatte erwartet, dass sie sich einen Weg durch Dreck und Müll bahnen müssten. So war das aber nicht. Hier waren keine Spinnenweben, kein Staub, kein moderiger Geruch. An einer Wand entdeckte Onno eine Holzpalette, auf der Decken lagen. Davor stand eine umgedrehte Holzkiste als Tisch. Eine Kommode und ein Schrank ergänzten die Möbel zu einer richtigen Einrichtung. Juli blieb stehen: "Hier ist mein Versteck. Wenn Du willst, treffen wir uns hier wieder. Aber jetzt muss ich nach Hause. Ich wohne gleich nebenan." "Dann sind wir bald Nachbarn!" rief Onno begeistert. Als sie durch die Tür auf den Hof traten, hielt Papa gerade mit dem Auto vor dem Schweinestall. Er war zurückgekommen, um nach Onno zu suchen. Nun freute er sich, weil er Onno gesund wiedergefunden hatte. Nachdenklich sah er erst Juli und dann ihn an. "Ihr seid so plötzlich auf dem Hof aufgetaucht! Wo seid ihr denn gerade hergekommen?"

Juli und Onno sahen sich kurz an und lächelten sich zu.
Nachdem sie sich verabschiedet hatten, stieg Onno ins Auto. Er schaute durch das Fenster auf den Hof, dachte an seine neue Freundin und lehnte sich zufrieden zurück.


Juli wusste Bescheid


Ein Dieb im Versteck

Onno verbrachte jede freie Minute mit Juli. Wann immer sie konnten, trafen sie sich in dem Versteck unter dem Schweinestall. Juli hatte es für sich schon sehr gemütlich eingerichtet gehabt. Onno hatte noch einige Teller und Tassen aus dem alten Haus geholt, die sonst auf dem Müll gelandet wären. So oft sie konnten, machten sie Picknick in ihrem Versteck.
Im Abfallcontainer fanden die beiden Kinder auch einige Sachen aus dem Hausstand der früheren Bewohner. Juli fand Modeschmuck, ein paar Ketten aus Glasperlen und eine Brosche. Onno hatte ein paar Anstecknadeln eines Schützenvereins und einen Kriegsorden eingesammelt. Dazu behielt er noch einen alten Regenmantel und einen viel zu großen Hut. Die Sachen legten sie in die Kommode und ind die Schränke in ihrem Versteck.

Eines Tages, als Onno und Juli sich wieder in ihrem Versteck trafen, hatte Onno das Gefühl, als wenn sich etwas verändert hatte. Was war hier los? Was war anders? War ein Fremder in ihr Versteck gelangt? Aufgeregt ging er zur Kommode, in der sie den Schmuck verstaut hatten. Da sah er es! Die oberste Schublade stand ein Stück weit offen. Gerade wollte er sie zudrücken, als er bemerkte, dass die große Brosche nicht mehr darin lag. Er sah sich um und dabei fielen ihm kleine Fußabdrücke im Staub auf der Kommode auf. Fußabdrücke, die so lang wie sein Zeigefinger waren. "War das Schattenwesen hier?", flüsterte er für sich, "Hat es uns bestohlen?" Hastig sah er sich um. Vielleicht war es noch da und beobachtete sie.


Unererdsche auf dem Hof

Onno hatte Juli noch nichts über seine Beobachtungen und Erlebnisse mit dem Schattenwesen erzählt. Er hatte gedacht, dass sie ihn für verrückt hält. Vielleicht würde sie denken, dass er ihr nur Angst machen will.
Juli war sein Flüstern nicht entgangen: "War das Schattenwesen hier? Hat es uns bestohlen?", hatte er nachdenklich gesagt.
Jetzt sah sie ihn erstaunt an und sagte in ernstem Ton: "Was meinst Du, wenn Du von einem Schattenwesen sprichst?" Onno und Juli setzen sich. Dann erzählte er von dem Erlebnis, als er das Schattenwesen gesehen hatte und dem dunklen Flur, dem Windzug der die Spuren verwehte und dem winkenden Männchen. Er schaute Juli dabei immer wieder eindringlich an. Er wollte ihren Gesichtsausdruck sehen und hoffte darin erkennen zu können, wenn Juli ihm nicht glaubte. Sie lächelte sanft. Dann schaute sie nach unten und sagte: "Ich möchte Dir auch etwas zu dem verschwundenen Schmuck und den kleinen Spuren sagen." Onno war erleichtert. Juli lachte nicht über ihn. Aber was er dann hörte, brachte ihn zum Staunen. "Ich kenne die Wichtel", erläuterte Juli. "Wenn ich keine Freunde zum Spielen hatte, bin ich oft heimlich auf diesen Hof gegangen. Ich habe jeden Winkel erkundet, habe diesen Raum entdeckt und als Versteck eingerichtet.

Oft bin ich auf den Dachboden geklettert und habe durch die Bodenluke oder durch das Eulenloch die Leute in Nemitz beobachtet. Einmal hatte ich es mir in einer Ecke auf dem Heuboden bequem gemacht und schaute durch einen Spalt in der Wand auf den Hof hinab. Alles war still im Dorf. Als auch die Hunde aufgehört hatten zu bellen, bemerkte ich einen Schatten der am Wohnhaus entlanghuschte und dann im Kellerfenster verschwand. Ich wollte gerade mein Versteck verlassen und im Haus nachsehen, als ich im hinteren Zimmer ein kleines Männchen am Fenster entdeckte. Ich dachte, es hätte mich nicht gesehen. Doch es winkte mir zu! Du kannst Dir vorstellen, wie ich mich erschrocken habe. Ich wollte mir das Männchen anschauen. Doch als ich am Haus ankam, war es weg. Ich habe alles durchsucht. Als ich in dem Zimmer ankam, in dem ich es gesehen habe, fand ich dort auf dem Fensterbrett meine Haarspange, die ich schon seit einigen Wochen vermisst hatte. Aber in dem Zimmer konnte ich sie nicht verloren haben, denn da war ich schon lange nicht mehr gewesen. Da war mir klargeworden, dass das nur eines bedeuten konnte: Das Männchen hat die Brosche für mich auf die Fensterbank gelegt. Diese Geschichte habe ich bis jetzt niemandem erzählt. Wer das nicht selbst erlebt hat, kann es nicht glauben. Dann habe ich mich bei den Leuten im Dorf umgehört und habe im Internet nach einer Erklärung gesucht. Und ich habe viel erfahren. Einige Alte haben mir eine Geschichte über die Kellerberge in der Nemitzer Heide erzählt, wo die Unererdschen leben sollen. Und ich habe im Internet die Sage von den Unererdschen gefunden. Es ist so, wie die Alten es erzählten. Alles passt zusammen." Dann erzählte Juli die Sage von den Unererdschen.


Die Unererdschen

Vor vielen, vielen Jahren, als es noch keine Traktoren gab und die Bauern die Feldarbeit mit Pferden und Ochsen erledigten, kamen sonderbare Wesen nach Nemitz.
Die Menschen nannten sie damals "die Unererdschen". Das bedeutet "die Unterirdischen".
Nachts, wenn die Tiere in den Ställen ruhig geworden waren und wenn die Bewohner von Nemitz schliefen, kamen sie mal in dieses und mal in jenes Haus.
Ach, was haben die Unererdschen manchmal im Haus gewütet. Sie waren in der Speisekammer und im Keller. Hier suchten sie nach Leckereien zum Essen und zum Trinken. Besonders gern naschten sie Honig und Marmelade. Manchmal kleckerten sie alles voll, so dass die ganze Küche klebte. Gern holten sie den frischen Schinken aus der Räucherkammer und schnitten ihn an. Dafür machten sie es sich am Küchentisch bequem. Wenn sie nicht genug Zeit zum Essen hatten, oder wenn sie gestört wurden, nahmen sie ein paar Vorräte mit. Wenn aber nichts zu finden war, wurden sie böse, machten Unordnung und eine Menge Dreck.
Einmal waren einer Familie die Speisen ausgegangen. Doch der Bauer wusste sich zu helfen. Er legte eine Geldmünze auf den Küchentisch. Als die Familie am nächsten Tag in die Küche kam, freuten sich alle. Die Unererdschen hatten das Geld mitgenommen, aber dafür einen Korb mit leckerem Essen dagelassen.
Mit der Zeit fanden die Dorfbewohner heraus, was den Unererdschen gut gefiel. Sie nahmen gern glänzende und bunte Sachen mit. Sie freuten sich aber auch über allerlei andere Geschenke.
Einmal war die Kuh des Bürgermeisters krank geworden und auch der Tierarzt konnte nicht mehr helfen. Die Kuh hatte ein entzündetes Euter, hatte Fieber, wollte nicht fressen und nicht saufen. Sie litt sehr und auch der Bürgermeister machte sich große Sorgen. Am nächsten Morgen ging er zuerst in den Stall, um nach seiner Kuh zu sehen. Die stand in ihrem Abteil, steckte den Kopf durch das Gitter und fraß unbeschwert vom frischen Heu. Sie hatte kein Fieber mehr. Am Euter hatte die Kuh einen Kräuterverband. In der Küche fand der Bauer auf dem Tisch einen Eimer mit gemischten Kräutern. Die Unererdschen hatten eine Medizin gemischt, die Kuh damit geheilt und auch noch etwas davon dagelassen.
Viele, viele Jahre verstanden sich die Unererdschen und die Menschen in Nemitz gut. Die Menschen hatten immer etwas für die Unererdschen übrig. Die Unererdschen nahmen die Geschenke und halfen den Bewohnern mit ihren Künsten. Die Unererdschen kannten sich in der Heilkunde aus und stellten Medizin aus Kräutern her. So heilten sie viele Tiere in Nemitz, wenn sie krank waren, oder ließen Tropfen da, wenn ein Dorfbewohner Husten hatte. Die Unererdschen waren auch sehr geschickte Handwerker. Nachts, wenn die Menschen schliefen, reparierten sie Sachen, die bei der Arbeit kaputtgegangen waren. Einmal wollten ein Junge und ein Mädchen aus dem Dorf heiraten. Bei all der Arbeit auf den Feldern bekam das Mädchen ihr Brautkleid nicht fertig. Als sie morgens in die Stube kam, fand sie ihr Kleid fertiggenäht und mit Perlen bestickt. Am liebsten hatten sie Kinder. Für jedes Neugeborene legten sie nachts ein Taufkleid bereit.
Außerhalb des Dorfes sprachen die Nemitzer nicht über ihre Helfer. Sie hatten Angst, dass andere missgünstig sein könnten. So lebten die Bürger von Nemitz zufrieden und in Freundschaft mit den Unererdschen und kein anderer störte den Frieden. Natürlich wollten alle mehr über die kleinen Wesen wissen. Wie sehen sie aus? Wo wohnen sie? Wie leben sie? Aber die Bürger ließen sie in Ruhe, bis eines Abends ein Nemitzer Junge zu neugierig wurde. Er beschloss, die Wesen in dieser Nacht zu beobachten. Er legte sich auf die Lauer, schlief aber ein. Als er erwachte, waren die Wesen schon wieder fort. Da beschloss er, eines der Wesen zu fangen. Für die Nacht stellte er einen Honigtopf auf den Tisch. Er band einen Kartoffelkorb mit der Öffnung nach unten an eine Schnur und hängte ihn über den Topf. Wenn ein Wesen an den Honigtopf ging, wollte er die Schnur loslassen und das Wesen unter dem Korb fangen. So kam es dann auch. Der Junge ließ die Schnur los, als der Unererdsche gerade vom Honig naschen wollte. Der Korb fiel hinab und der Junge stürzte sich auf den Korb. Das Wesen, das er fangen wollte, war aber verschwunden. In der nächsten Nacht legte sich der Junge wieder auf die Lauer. Wenn er die Wesen nicht bei ihrer Arbeit sehen konnte und wenn sie sich auch nicht fangen ließen, dann wollte er wenigstens sehen woher sie kamen und wohin sie verschwanden. Am Dorfrand versteckte er sich hinter einem Wacholder. Es wurde schon fast hell, als er mehrere Schatten bemerkte, die sich an ihm vorbei zur Heide bewegten. Sie waren gerade so groß wie eine Katze. Die Schatten bewegten sich aber wie Menschen auf zwei Beinen. Ihre Spuren im Sand sahen aus wie Fußabdrücke, aber gerade so lang wie ein Finger.
Er folge ihnen bis zu den Bergen. Bevor sie hinter einem Findling in der Erde verschwanden, blieben sie stehen. Ja, sie hatten ihn bemerkt. Der Junge konnte sich nicht mehr bewegen, bis die Sonne aufging. Als er nach Hause gehen wollte, fand er den Weg nicht mehr, bis der Mond aufging. Und als er endlich zu Hause ankam, erkannte ihn sein Hund nicht mehr. Die Unererdschen wurden nie wiedergesehen. Der Friede zwischen den Unererdschen und den Menschen war gebrochen. Sie kamen nicht zu Hilfe, wenn Not war und sie kamen nicht mehr zum Essen. Sie holten auch die Geschenke der Nemitzer nicht mehr ab, die für sie bereitgelegt wurden. Manchmal, wenn der Mond hell scheint, kann man die Unererdschen in der Nemitzer Heide, am Eingang ihrer Höhle bei den Kellerbergen, fröhlich tanzen sehen.


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BUCHSTABENKETTE
DASGEHEIMNISWURDEVONDENUNERERDSCHENBEWAHRT*
ESGIBTNICHTMEHRGENUGWÄCHTER*DERSCHATZISTIN
GEFAHR*DUMUSSTDENSCHATZFINDENUNDAUFIHN
AUFPASSEN*ERISTGUTVERSTECKT*LÖSEDIERÄTSELUND
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EINGEHEIMNISSTEHTDRIN*DESWEGENISTESGEHEIM*DU
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